Wednesday, December 9, 2009

Momche i Viatyr - Junge und Wind (German version)


Es lebte einmal eine Witwe mit ihrem Sohn. Die Mutter und der Junge arbeiteten von morgens bis abends. Sie hielten das Haus sauber, fütterten das Vieh, säten das Getreide aus, hackten, droschen und ernteten es. Von dem Getreide konnten sie gut leben und sogar noch einiges davon verkaufen. Was dann noch übrig blieg verarbeiteten Sie zu einem Gebäck namens Banitsa (Käse oder Kürbis-Gebäck) .

Eines Tages sagte die Mutter zu ihrem Sohn: "Nimm das große Backblech und trage es in den Keller. Bring mir Mehl, damit ich einen Banitsa backen kann. " Der Junge tat, was seine Mutter verlangte und ging in den Hof. Plötzlich kam ein starker Wind auf und verschüttete das ganze Mehl.

Der Junge ging abermals zum Keller .Er streute erneut Mehl auf das große Blech und ging über den Hof. Und wieder kam ein starker Wind auf und verschüttete das ganze Mehl noch einmal.

" Jetzt habe ich aber genug " schrie der Junge und rannte zum Keller. Aber als er wieder über den Hof ging, kam abermals ein starker Wind auf und fegte das Mehl vom Blech.
Der Junge warf das Blech in hohem Bogen weg und rannte los, um dem Wind zu jagen. Er lief und lief, bis er einen jungen Mann ohne Kopfbedeckung traf. " Warum rennst du denn so? ", fragte dieser. " Ich jage den Wind. Er hat mir meine Arbeit geraubt, er hat das ganze Mehl verschüttet. Er soll zurückzugeben, was er mir genommen hat. "
" Du jagst den Wind? Das ist zwecklos. Der Wind hat auch mir meine Pelz-Kappe weggeweht, sie ist in den Fluss gefallen. Aber ich bin doch nicht so verrückt, ihn deshalb zu jagen. "
" Ich werde ihn jagen und ich werde ihn fangen " sagte der Junge. Sprach‘s und lief weiter.

Am nächsten Tag traf er einen Obstbauern. " Wohin des Wegs? " fragte der Obstbauer.
" Ich jage den Wind ".
" Warum jagst du ihn denn? "
"Er muss mir mein Mehl zurückzugeben. Er fegte drei große Backbleche Mehl hinweg. Er raubte meine und die Arbeit meiner Mutter. "
" Vergeude nicht deine Zeit! Wie willst du den Wind in den Griff kriegen? Er hat uns so viele Obstbäume und Früchte zerstört. Aber was soll ich machen? Wer kann sich schon mit dem Wind anlegen? "
" Ich werde es tun!“, rief der Junge und lief wieder darauf los.

Am nächsten Tag traf er einen alten Matrosen mit einem Sack auf der Schulter.
" Wo läufst du denn hin? " fragte der Matrose.
" Ich jage den Wind ".
" Was hat er dir getan?"
" Er verschüttete 3 große Mehlbleche“
" Und was soll daran schlimm sein?"
" Für dich ist das vielleicht eine Kleinigkeit, aber für mich ist das Mehl lebensnotwendig. Du kannst ja mal ausprobieren wie mühsam es ist, Korn für Korn abzuschneiden und zu ernten. "
" Hör auf damit, Junge. Du kannst dich nicht mit dem Wind anlegen. Er ist stark und furchterregend. Er wird dich wegblasen bis in die Wildnis. Er hat sogar unser Schiff versenkt. Die Matrosen und die Passagiere sind ertrunken. Ich wundere mich, dass ich überlebt habe“.
„Was soll’s!“, sagte der Junge. „Ich muss weiter, ich gehe nicht zurück. Ich gehe zum Wind und verlange mein Mehl zurück!“

Und der Junge rannte weiter und kam schließlich zum Wind.
„Hey, Wind! Gib mir mein Mehl zurück!“
„Welches Mehl?“, fragte der Wind.
„Du hast mir mein Mehl verschüttet – jetzt musst du es zurückgeben! Deshalb jage ich dich schon seit 3 Tagen.
" Der Wind lächelte und sagte: " Es ist gut, dass du auf dein Hab und Gut achtest. Es gibt nicht viele, die den Mut haben, mit dem Wind zu streiten. Das verschüttete Mehl kann ich dir nicht zurückgeben, aber ich gebe dir dafür dieses Taschentuch. Nimm es und pass gut darauf auf. Wenn du es ausbreitest und sprichst: „Taschentuch, gib mir Essen“, wird dich das Tuch mit Essen versorgen. Jede Speise, die du wünschst, wirst du erhalten.

Der Junge nahm das Taschentuch. Er verabschiedete sich und dachte - " Ob der Wind wohl die Wahrheit spricht? Ich werde es einmal versuchen. " Er breitete das Taschentuch aus und sagte:
" Taschentuch, gib mir Banitsa (Gebäck) und Ayran! " (Joghurt-Getränk).
Sofort erschienen auf dem Taschentuch goldene Teller gefüllt mit feinstem Gebäck und goldene Becher mit Ayran dazu.
Der Junge probierte es mit einer anderen Mahlzeit. Was er sich auch wünschte, sofort erhielt er es.
Er aß sich satt und machte sich auf den Weg nach Hause. In der dritten Nacht erreichte er ein Gasthaus und hielt an, um dort die Nacht zu verbringen. Er setzte sich an einen leeren Tisch, breitete sein Taschentuch aus und sagte: " Taschen-tuch gibt mir Essen“
Sogleich erschienen die edelsten Speisen auf seinem Teller.
Die Menschen in der Taverne waren überrascht und der Junge gab allen etwas von dem guten Essen ab.
Der Wirt jedoch sagte: " Ich habe noch nie ein solch‘ wundervolles Taschentuch gesehen, woher hast du es? Kann man es irgendwo kaufen? "
"Der Wind gab es mir“.
„Das ist ein gutes Geschenk ", sagte die Wirtin. „Selbst der reichste Mann wird dich darum beneiden. "
Der Junge aß sich satt und ging schlafen. In der Nacht sagte die Wirtin zum Wirt:
" Wollen wir dem Jungen das Taschentuch nehmen? Wenn wir das Tuch besitzen, können wir reich werden, ohne arbeiten zu müssen. Das Taschentuch wird uns alle ernähren. Wir werden auch nie mehr durstig sein.“
Als der Junge eingeschlafen war, nahmen die Beiden dem Jungen das Tuch weg und verstauschten es mit einem anderen Tuch, das genauso aussah.

Am anderen Morgen ging der Junge nach Hause und als er dort ankam, rief er: " Mutter, sieh mal, welch‘ lustiges Taschentuch ich dir bringe! Der Wind gab es mir, weil er unser Mehl verschüttet hat. Du wirst nie mehr Teig kneten und Essen kochen müssen. "
"Von welchem Taschentuch sprichst du, Sohn? Lass‘ sehen! "
Der Junge breitete das Tuch aus und sagte: "Taschentuch, gib mir Essen!“
Aber nichts erschien auf dem Tuch. Der Junge nahm das Tuch und ging abermals zum Wind. „Wind, hier hast du dein Tuch – gib mir mein Mehl zurück! Das Tuch gibt kein Essen mehr“.
„Warum gibt es denn kein Essen mehr?“, fragte der Wind.
„Ich weiß es nicht“.
Der Wind wusste, was passiert war und sagte: „Nimm diesen Hahn. Wenn du sprichst. „Sing, kleiner Hahn“, dann wird er singen und goldene Münzen werden aus seinem Schnabel fallen.
Der Junge nahm den Hahn und erreichte wieder dasselbe Gasthaus unD beschloss, die Nacht dort zu verbringen. Als er Essen bestellte, stellte er den Hahn auf den Tisch und sagte: „Sing, kleiner Hahn“.
Der Hahn sang und goldene Münzen fielen aus seinem Schnabel. Der Junge nahm die Münzen und zahlte damit. Als er fertig war, ging er zu Bett.

In dieser Nacht, als der Junge schlief, stahlen die Wirtin und der Wirt den Hahn und vertauschten ihn mit einem anderen.
Am nächsten Morgen verabschiedete sich der Junge und ging nach Hause. Aber als er seiner Mutter den Hahn vorführen wollte, blieb er stumm und keine Goldmünzen fielen aus seinem Schnabel.

Abermals ging der Junge zum Wind. „Wind, hier hast du deinen kleinen Hahn- gib mir mein Mehl zurück! Der Hahn gibt kein Geld mehr her!“
„So?“, sagte der Wind. „Der Wirt und die Wirtin haben dir dein Tuch und deinen Hahn gestohlen. Ich gebe dir diesen Stock. Wenn du sagst: „Stock, schlage zu!“, dann schlägt der Stock, wen immer du willst. Wenn du sagst „Stock – steh still!“, wird der Stock aufhören, zu schlagen.

Der Junge übernachtete im selben Gasthaus und der Wirt und die Wirtin dachten, auch der Stock wäre ein Zauberstock und wollten ihn stehlen. Als sie ihn jedoch berührten, rief der Junge: „Stock, schlage zu!“
Und der Stock schlug und schlug die beiden Diebe. Der Wirt rief erschrocken:“Warte Junge, ich gebe dir dein Tuch zurück. Und die Wirtin rief: „Sogleich bringe ich dir den kleinen Hahn!“ Der Junge rief: „Stock – steh still!“ und der Stock stand still. Die beiden brachten das Diebesgut zurück.

Der Junge ging auf direktem Wege nach Hause und rief seine Mutter. „Diesmal wirst du das richtige Tuch und den echten Hahn sehen!“. Er breitete das Tuch aus und rief: „Taschentuch, gib Banitsa und Ayran!“ Den Hahn stellte er daneben und rief: „Sing - kleiner Hahn“. Die Speisen erschienen und die Goldmünzen fielen aus dem Schnabel.

Die Mutter freute sich und war stolz auf ihren mutigen Sohn. So lebten sie zufrieden und glücklich und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.